Die Paratuberkulose ist eine entzündliche Darmerkrankung, die vornehmlich bei Wiederkäuern, aber auch bei anderen Tierarten vorkommt und weltweit verbreitet ist. Sie wird durch den Erreger Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis (MAP) verursacht. Für die Verbreitung von Bestand zu Bestand ist im Wesentlichen der Handel mit infizierten, aber noch nicht erkrankten Tieren verantwortlich. Paratuberkulose ist nicht heilbar. Wenn es den Bakterien gelingt, die Körperabwehr zu überwinden, entwickelt sich die Krankheit langsam über mehrere Jahre, bis die Rinder abmagern und verenden. Wirtschaftliche Verluste entstehen durch eine reduzierte Milchleistung und Fruchtbarkeit der Milchkühe, vorzeitige Tierabgänge und Minderzunahmen bei Fleischrindern bis hin zum vollständigen Verlust des Schlachtwertes. Rinderhalter können ihre Herde auf das Vorhandensein des Erregers testen lassen. Von der Krankheit betroffene Rinderbestände sollten sich einem freiwilligen Bekämpfungsprogramm anschließen.
In der Ausgabe 06/2018 der Zeitschrift “Der praktische Tierarzt” ist ein Artikel zur Paratuberkulosebekämpfung beim Rind in Thüringen erschienen.
mehr...Am 29. Januar 2015 fand in Jena ein Fachforum zum Thema „Hygiene und Paratuberkulose“ statt. Die Thüringer Tierseuchenkasse hatte eingeladen und ca. 130 Landwirte und Tierärzte waren gekommen.
mehr...Am 9. Juli 2014 konnte die Agrarwissenschaftlterin Julia Küpper in Gießen ihre Dissertation zu Fragen der Erblichkeit der Paratuberkulose erfolgreich verteidigen. Ihren Erkenntnisse zufolge hat bei Milchrindern der Rasse Holstein Friesian das Merkmal, MAP-Ausscheider zu werden, eine Heritabiltät von 16 bis 23 %.
mehr...Es war im Jahr 1895, als der Dresdner Veterinärpathologe Albert Johne einen "eigenthümlichen Fall von Tuberculose beim Rind" erstmals wissenschaftlich beschrieb. Heute ist die Paratuberkulose, die international häufig als "Johne'sche Krankheit" bezeichnet wird, in der Rinderpopulation weltweit verbreitet. Der Handel mit Rindern ist weltumspannend, somit hat sich auch die Paratuberkulose "globalisiert" Auch kleine Wiederkäuer und Wildtiere sind empfänglich. Betroffen sind kleine und große Bestände, extensiv gehaltene Fleischrinder genauso wie Milchrinder. Rassebedingte Unterschiede in der Empfänglichkeit werden vermutet, der genetische Einfluss darauf ist mittlerweile belegt. Gleichwohl bleibt die Paratuberkulose eine Infektionskrankheit. Ihr Erreger, ein Mykobakterium, ist eng verwandt mit dem Erreger der Geflügeltuberkulose. Mycobacterium avium spp. paratuberkulosis kann lange in der Umgebung der Tiere überleben.
Zwischen der Infektion und dem Auftreten erster klinischer Anzeichen kann eine lange Zeit vergehen. Die Verbreitung der Krankheit im Bestand wächst mit den Generationen. Die Paratuberkulose ist eine langsame, schleichende und nachhaltig an der Wirtschaftlichkeit der Rinderhaltung nagende Krankheit.
Kühe mit "typischen" Symptomen sieht man selten. Nach Lehrbuch ist es eine alte, abgemagerte, dünne Kuh mit zeitweise wechselndem Durchfall, Milchrückgang und dem typischen Flaschenhalsödem am Kopf. Aber Kühe mit niedrigem „Body Condition Score“ (BCS), dünnbreiigem Kot ("verlaufendes Spiegelei") und nachlassender Milchleistung sind gar nicht so selten. Gerade dann, wenn eine Milchkuh so intensiv gefüttert wird, wie es die Veranlagung auf hohe Leistung erfordert. Erst bei intensiver und längerer Beobachtung sind die "Para-Kühe" zu erkennen: Erstlaktierende, Zweitlaktierende, die Hoffnung der Herde. Unheilbar krank. Je höher der Infektionsdruck in der Herde ist, desto schneller bricht die Krankheit aus und je deutlicher sind die Anzeichen. Der Nachweis des Erregers im Kot über Kultur oder PCR bringt dann die Gewissheit.
Für den Nachweis der Paratuberkulose im Bestand und beim Einzeltier, sowie zur Einschätzung des Ausbreitungsgrades der Erkrankung in der Herde gibt es mehrere, auf verschiedenen Diagnostik-Ansätzen beruhende Möglichkeiten. Man unterscheidet den direkten Erregernachweis aus Kot, Umgebungsproben und Sockentupfern von dem indirekten Nachweis der Antikörper aus dem Blut. Bei fortgeschrittener Erkrankung lässt sich die Diagnose auch über das klinische Bild in Verbindung mit typischen pathologisch-anatomischen Veränderungen stellen. Nationales Referenzlabor für Paratuberkulose am Friedrich-Loeffler-Institut
Der erste Schritt zur Problembewältigung ist dessen Erkennung. Dazu kann eine Sockentupferprobe , am besten kombiniert mit einer Gülleprobe , ausreichen. Der Erreger ist sehr resistent, bleibt in der Umgebung der Tiere und in der Gülle lange lebensfähig. Er kann somit in solchen Proben nachgewiesen werden. In einer breit angelegten Studie konnten wir zeigen, dass sich die einfache Methode der Probennahme mittels Sockentupfer und Gülleprobe eignet, alle jene Bestände zu identifizieren, in denen mehr als 3 % der Tiere den Erreger ausscheiden.
Wir wissen, dass die Paratuberkulose die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der infizierten Rinder beeinträchtigt. Unsere Studien haben ergeben, dass die Milchleistung der Ausscheider im Mittel um 7 % geringer ist als die der negativ getesteten Stallgefährten. Hauptgrund dafür ist die verminderte Eiweißaufnahme durch die geschädigte Darmwand. Damit wird die wertvollste Futterkomponente schlechter verwertet. Beide Faktoren beeinträchtigen die Wirtschaftlichkeit des Betriebszweiges erheblich. Gegen Paratuberkulose kann man etwas tun: Seit über 10 Jahren haben die Thüringer Rinderhalter die Möglichkeit, sich an einem freiwilligen Programm zur Bekämpfung der Paratuberkulose zu beteiligen und diese Krankheit in ihrer Herde zurückzudrängen.
In einer ersten Übersichtsuntersuchung haben wir im Winter 2013/2014 mehr als 100 Sockentupfer aus Thüringer Rinderhaltungen untersucht. In etwa einem Drittel dieser Proben haben wir den Erreger MAP nachweisen können. Das zeigt uns, dass die Paratuberkulose in Thüringen einen nennenswerten Verbreitungsgrad erreicht hat. Wir möchten diese Studie gern fortführen und bitten alle interessierten Rinderhalter, sich daran zu beteiligen.
Im Frühjahr 2008 wurde mit der Neufassung des "Programms zur Bekämpfung der Paratuberkulose in den Rinderbeständen in Thüringen vom 26. März 2008 (ThürStAnz Nr. 16/2008 S.556)" eine neue Etappe in der Bekämpfung dieser endemischen und chronisch verlaufenden Rinderkrankheit begonnen.
In Anpassung an die bundeseinheitlichen Regelungen in den „Empfehlungen für hygienische Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern“ vom 7. Juli 2014 wurde am 9. Juni 2015 in Thüringen ein neues "Programm zur Bekämpfung der Paratuberkulose in Rinderbeständen in Thüringen" (ThürStAnz Nr. 26/2015 S. 1087) gestartet.
Für die Teilnahme an diesem Programm wenden Sie sich bitte an die Kollegen des Rindergesundheitsdienstes.
ist ein wesentlicher Schwerpunkt. Hierzu erhalten Sie Beratung durch die Tierärzte des Rindergesundheitsdienstes, um auf der Basis einer strukturierten Erfassung des Hygienestatus für Ihren Bestand maßgeschneiderte Lösungen zu erarbeiten. Es geht darum, gemeinsam mit dem Landwirt und seinem betreuenden Tierarzt solche Maßnahmen festzulegen, die einerseits die hygienische Situation in Bezug auf die Bekämpfung der Paratuberkulose verbessern und andererseits in der täglichen Arbeitsroutine des Herdenmanagements eingehalten werden können. Wichtige Maßnahmen des Hygienemanagements sind ab 2015 für alle am Thüringer Bekämpfungsprogramm teilnehmenden Betriebe verpflichtend. Auf diese Schwerpunkte kommt es an:
Abkalbehygiene
Tränke- und Fütterungshygiene
Haltungshygiene
Diagnostik und Ausscheidermerzung
Wesentliches Element der Bekämpfungsstrategie ist die Senkung des gesamten Infektionsdruckes in der Herde. Damit wird das Risiko der Erregerübertragung von den Kühen auf die Kälber verringert. Zur Erkennung der Ausscheider wird in Thüringen von jeder Kuh des Bestandes einmal jährlich eine Kotprobe kulturell auf Mycobacterium avium ssp. paratuberculosis (MAP) untersucht. MAP-positive Tiere sind schnellstmöglich zu merzen, in der Regel innerhalb eines Monats nach Zugang des Befundes oder bei trächtigen Kühen nach der Kalbung. Für die meisten der beteiligten Herden ist das zu leisten. Lediglich in Herden mit einer hohen Inzidenz MAP-positiver Rinder (>10 %) werden gesonderte Vereinbarungen getroffen, um die Reproduktion des Bestandes nicht zu gefährden (in der Regel Besamungsstopp und Abmelken).
Da im Tierhandel eine Untersuchung auf Paratuberkulose wegen der Besonderheiten der Pathogenese (lange Phase der Latenz, zu Beginn der Ausscheidungsphase intermittierende Ausscheidung, Antikörperbildung erst in späteren Krankheitsstadien) am Einzeltier mit den gegenwärtigen Methoden der Diagnostik am lebenden Tier nicht zielführend ist, kann lediglich der Bestandsstatus des Herkunftsbestandes bei zu handelnden Tieren eine gewisse Sicherheit bezüglich des MAP-Infektionsstatus gewährleisten. Daher ist die Identifizierung und Schaffung Paratuberkulose-unverdächtiger Rinderbestände eines der wesentlichen Ziele des Thüringer Bekämpfungsprogramms.
Die Bedingungen für ParaTB-unverdächtige Rinderbestände sind bundeseinheitlich in den „Empfehlungen für hygienische Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern“ geregelt und finden sich in den Bekämpfungsprogrammen der einzelnen Bundesländer wieder. Die Kühe dieser Herden sind über einen Zeitraum von drei Jahren mit der bisher sensitivsten Nachweismethode, der Kotkultur, untersucht worden, ohne dass ein Ausscheider gefunden wurde. Das Risiko, sich aus einer solchen Herde Trägertiere "einzuhandeln", ist sehr, sehr gering. Alternativ zur Kotkultur ist auch eine PCR-Untersuchung möglich. Diese birgt zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch ein höheres Restrisiko, dass schwache Ausscheider nicht erfasst werden. In Thüringen und Sachsen erfolgt die Anerkennung durch den Rindergesundheitsdienst der Tierseuchenkasse, nachdem die Einhaltung der genannten Bedingungen geprüft wurde.
halbjährliche bakteriologische Untersuchung von Umgebungskotproben oder gepoolten Sammelkotproben
durch jährliche serologische Untersuchung der über 24 Monate alten Rinder und schnellstmögliche Merzung seropositiver Tiere
Auffinden von subklinisch infizierten Tieren durch jährliche bakteriologische Kotuntersuchung der über 24 Monate alten Rinder und Merzung MAP-positiver Tiere
Maßnahmen der Stufe 3 und Merzung innerhalb eines Monats nach Befundzugang, im Falle von bei Befundzugang tragenden Rindern innerhalb eines Monats nach der Kalbung
Als Paratuberkulose-unverdächtig gilt ein Bestand, wenn die Untersuchungsergebnisse der Anerkennungsphase über einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Jahren negativ waren und die verpflichtenden Hygienemaßnahmen eingehalten wurden. Während der Anerkennungszeit dürfen nur Rinder aus Beständen mit gleicher oder höherwertiger Phase und Stufe der Bekämpfung verbracht werden.
Zur Aufrechterhaltung des Status werden die über 30 Monate alten Rinder des Bestandes mittels Kotuntersuchung im Abstand von zwei Jahren und zusätzlich halbjährlich mit Umgebungskotproben auf MAP untersucht. Weiterhin sind Tiere mit typischen Krankheitsanzeichen unverzüglich bakteriologisch zu untersuchen. Zudem sind die verpflichtenden Hygienemaßnahmen einzuhalten.
Die Thüringer Tierseuchenkasse unterstützt die Maßnahmen der Rinderhalter in Thüringen zur Bekämpfung der Paratuberkulose mit einer Beihilfe gemäß der Beihilfesatzung .
„Gefahr erkannt - Gefahr gebannt" heißt ein Sprichwort. Das gilt auch für Paratuberkulose. Aber leider liegen zwischen der Erkennung und der Merzung der Krankheit viele Jahre, es kann ein Jahrzehnt und mehr sein. Es ist eine „langsame Krankheit“. Sie kann sich über längere Zeit unbemerkt im Bestand ausbreiten. Zu ihrer Bekämpfung ist ein strategisches Vorgehen erforderlich. Die maßgeblichen Säulen der Bekämpfungsstrategie im Bestand sind
Holen Sie sich dazu den Rat von Fachleuten ein: Informieren Sie sich bei Ihrem Tierarzt und fragen Sie die Fachtierärzte des Rindergesundheitsdienstes.
Vorsorge ist die beste Medizin! Bei Paratuberkulose gibt es nur eine einzige Vorbeugemaßnahme: den Tierhandel. Wenn es gelingt, den Einkauf unerkannt infizierter Tiere zu vermeiden, dann wird dem Erreger der Weg in die Herde abgeschnitten. Die Schwierigkeit: Es reicht nicht aus, das Tier auf die Infektion zu untersuchen, so wie man das von anderen Infektionskrankheiten oder Tierseuchen kennt. Dafür entwickelt sich die Krankheit im Körper zu langsam. Eine nachweisbare Erregerausscheidung findet man häufig erst ab dem dritten Lebensjahr oder später. Antikörper werden erst kurz vor dem Ausbruch der klinischen Symptome in solchem Maße gebildet, dass die Tests sie sicher finden. Als einziger Ausweg bleibt, sich nach dem Infektionsstatus des Herkunftsbestandes zu erkundigen. Auch wenn viele Zuchtvieh-Verkäufer bisher nicht auf Paratuberkulose untersuchen, gibt es bereits die ersten vom Rindergesundheitsdienst als "ParaTB-unverdächtig" anerkannten Rinderherden in Sachsen und Thüringen.
Als Ansprechpartner stehen Ihnen die Tiergesundheitsdienste Ihres Bundeslandes zur Verfügung.
Die Ansprechpartner des Nationalen Referenzlabors für Paratuberkulose am Friedrich-Loeffler-Institut finden Sie hier.